27 Oct 2006

Otello: Eiseskälte auf der Pawlatsche des Lebens

http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=k&ressort=ke&id=594917

botha_johan.pngvon Wilhelm Sinkovicz [Die Presse, 27 October 2006]

Saisonauftakt in der Staatsoper: Johan Botha ist der neue Otello von Weltformat.

Den „Tristan“ vielleicht ausgenommen, gibt es in der Opernliteratur wohl nur eine Tenorpartie, die mit dem heute so gern gebrauchten Vokabel grenzwertig zu charaktersieren wäre: Verdis musikdramatisches Gegenbild zu Shakespeares Otello. Die Anforderungen, die der Altmeister in dieser, seiner vorletzten großen Partitur an die Sänger, den Interpreten der Titelrolle voran, stellt, sind tatsächlich außerordentlich. Ein Künstler, der sich dieser Herausforderung stellt, sieht sich damit notwendiger Weise Vergleichen ausgesetzt, die in der Vergangenheit liegen. Sprechen Opernfreunde von „Otello“, schwingen die Namen von Ramon Vinay, Mario del Monaco, zuletzt Placido Domingo sozusagen automatisch mit. Kaum sind Vergleiche mit aktiven Darstellern möglich, denn in Wahrheit hat jede Generation wohl nur einen Otello-Sänger von wirklichem Weltformat.