von Wilhelm Sinkovicz [Die Presse, 27 October 2006]
Saisonauftakt in der Staatsoper: Johan Botha ist der neue Otello von Weltformat.
Den ÑTristanì vielleicht ausgenommen, gibt es in der Opernliteratur wohl nur eine Tenorpartie, die mit dem heute so gern gebrauchten Vokabel grenzwertig zu charaktersieren w‰re: Verdis musikdramatisches Gegenbild zu Shakespeares Otello. Die Anforderungen, die der Altmeister in dieser, seiner vorletzten groflen Partitur an die S‰nger, den Interpreten der Titelrolle voran, stellt, sind tats‰chlich auflerordentlich. Ein K¸nstler, der sich dieser Herausforderung stellt, sieht sich damit notwendiger Weise Vergleichen ausgesetzt, die in der Vergangenheit liegen. Sprechen Opernfreunde von ÑOtelloì, schwingen die Namen von Ramon Vinay, Mario del Monaco, zuletzt Placido Domingo sozusagen automatisch mit. Kaum sind Vergleiche mit aktiven Darstellern mˆglich, denn in Wahrheit hat jede Generation wohl nur einen Otello-S‰nger von wirklichem Weltformat.