So wundert es nicht, dafl die ersten CD’s des weltber¸hmten walisischen Bass-Baritons Bryn Terfel unter diesem Label entstanden sind. 1988, das Jahr, in dem Bryn Terfel das Kathleen-Ferrier-Memorial Stipendium erhalten hatte, erschien seine erste CD. Sein Operndeb¸t stand ihm noch bevor, und die Zusammenstellung der CD wirkt etwas wie die unzusammenh‰ngende Aneinanderreihung von Vorsingarien. Neben walisischen Liedern von Idris Lewis, R. Vaughan Williams, Eric Jones, Vincent Davies, W. Mathews Williams, Osborne Roberts, W. Bradwen Jones und 2 traditionellen Liedern arrangiert von der Pianistin Annette Bryn Parri finden sich Schuberts “Fischerm‰dchen”, Mozarts “Non pi˘ andrai”, Gounods “Vous qui faites l’endormie”, H‰ndels “But who may abide the day of his coming?”, Tostis “Ideale” und Franco Leonis “Tally-Ho!”. Das mag dramaturgisch seltsam sein, zeigt aber auch die grofle Bandbreite des jungen am Anfang seiner Karriere stehenden S‰ngers. Die wunderschˆne, kernige und technisch m¸helose Stimme klingt auf dieser CD bisweilen etwas erschˆpft oder noch nicht ganz ausgereift, was aber den Hˆrgenufl nicht mindert. Das Booklet ist sehr sparsam gehalten, mit kurzer Beschreibung der Lieder in englisch. ‹ber die teilweise nicht sehr bekannten walisischen Komponisten erf‰hrt man hier nichts.
1990 erschien wieder unter dem Label SAIN die zweite CD von Bryn Terfel mit dem Titel “Cyfrol2-Volume2”. Das Booklet ist noch sp‰rlicher als bei dem Deb¸talbum. Die Herausgeber haben sich teilweise nicht die M¸he gemacht, die Komponisten der einzelnen St¸cke zu nennen. Die Zusammenstellung ist ‰hnlich beliebig wie bei der ersten CD. So finden wir hier die bekannte Arie aus “The Fiddler on the Roof” in walisischer Sprache, drei wunderschˆne walisische Lieder von Meirion Williams, Schuberts “St‰ndchen”, eine Arie aus dem Musical “South Pacific”, eine H‰ndel-Arie aus “Judas Maccab‰us” mit Klavierbegleitung – von Bryn Terfel wunderbar gesungen! -, Lieder von William Davies, W. Albert Williams, John Ireland, Mansel Treharne Thomas und Richard Samuel Hughes, eine Kanzonette von Haydn, die Mantel-Arie aus “La BohËme”, Don Giovannis “Serenade” – alles mit Klavierbegleitung. Bryn Terfels Stimme ist wunderschˆn, in seiner eigenen Sprache vollkommen locker, frei und leicht. Auch die Opernarien lassen die Weltkarriere des groflartigen S‰ngers voraushˆren. Die walisischen Lieder sind eine Entdeckung wert. Man w¸rde diesen unbekannten Kompositionen nur ein ausf¸hrlicheres Booklet w¸nschen.
Im Jahr darauf, 1991, nahm SAIN mit Bryn Terfel und dem inzwischen weltbekannten Liedbegleiter Malcolm Martineau Schuberts “Schwanengesang” auf. Die Aufnahme ist stimmlich, technisch und musikalisch hervorragend. Bryn Terfel verf¸gt ¸ber eine wunderschˆn dahinstrˆmende Stimme mit scheinbar unendlichem Atem und m¸heloser Hˆhe. Seine Aussprache der deutschen Vokale und Konsonanten ist sehr von der italienischen Vokalf‰rbung gepr‰gt und bisweilen etwas irritierend. Durch diese seltsame Vokalf‰rbung bekommt jedes Wort eine grofle Bedeutung, und es fehlen bisweilen die Zwischentˆne und feinen Sprachabstufungen, die wahrscheinlich nur einem Muttersprachler mˆglich sind. Am Auff‰lligsten ist dies beim “Abschied”, wo das Augenzwinkern oder eine Zweideutigkeit, die man z.B. von Dietrich Fischer-Dieskau kennt, fehlen und Bryn Terfel ausschliefllich leidet. Jedes “Ade” singt er sehr bedeutungsschwer. Auch die “Taubenpost” singt er ‰hnlich schwerf‰llig und leidend. Wunderschˆn gelingen Bryn Terfel “Kriegers Ahnung”, “Aufenthalt”, “Der Atlas” und “Die Stadt”. Dort kommt seine schˆne kraftvolle Bass-Baritonstimme herrlich zur Geltung. Diese Lieder kommen auch seinem Bed¸rfnis, in diesem Zyklus ausschliefllich zu leiden, sehr entgegen. Das Booklet ist dreisprachig in walisisch, englisch und deutsch und ausf¸hrlicher als bei den ersten beiden CD’s.
1993 brachte SAIN die CD “Un Canu Caneuon” mit Liedern des walisischen Komponisten Meirion Williams, gesungen von Bryn Terfel, am Klavier Annette Bryn Parri, heraus. Meirion Williams lebte von 1901-1976 und war einer der Verantwortlichen f¸r die Umgestaltung des klassischen walisischen Liedes. Er legte groflen Wert auf die Sprache und benutzte die Begleitung als ‹berhˆhung der Worte und Ausdruck des Gef¸hls. Diese CD enth‰lt Kompositionen von ihm aus 40 Jahren, darunter in Wales sehr bekannte Lieder, die Meirion Williams als junger Mann komponierte, und am Ende den Zyklus “Adlewych”, den er als Auftragswerk f¸r den BBC Wales als fast 70-j‰hriger komponierte. Stilistisch ist Meirion Williams noch ganz von der Sp‰tromantik gepr‰gt. Entwicklungen wie die 12-Ton-Technik sind an ihm vor¸bergegangen. Das schm‰lert aber keinesfalls die Kompositionen. Die Kompositionen sind wunderschˆn und leidenschaftlich und eine Entdeckung und Verbreitung auflerhalb Wales’ wert! Die Waliser lieben ihr Land und ihre Landschaft und davon handeln ihre Lieder in der walisischen, sehr sangbaren Sprache. Die Lieder sind in wunderschˆnen Melismen sehr homogen f¸r die Sprache und menschliche Stimme geschrieben. Die Kombination Bryn Terfel / Meirion Williams ist ideal! Bryn Terfels wundervoll kernige Stimme flieflt in groflen Atembˆgen dahin, und es ist ein Genufl zuzuhˆren. Das Booklet ist dieses Mal sehr ausf¸hrlich in walisisch und englisch und l‰flt hoffen, dafl mˆglichst viele Hˆrer die Lieder von Meirion Williams kennenlernen werden.
Neben den CD’s von Bryn Terfel hat Sain 2004 das zweite Solo-Album des jungen walisischen Tenors Rhys Meirion herausgebracht. Rhys Meirion, der Ensemblemitglied der Frankfurter Oper war, singt in diesem Jahr Rodolfo in Sydney und RomÈo in Melbourne und wird vom Label mit Bryn Terfel, mit dem er auch schon im Duett gesungen hat, verglichen. Rhys Meirion – ein sehr heller, leichter Tenor mit etwas Luft auf der Stimme – hat sich mit der Auswahl auf dieser CD keinen Gefallen getan. Schˆn und f¸r seine Stimme geeignet sind die lyrischen walisischen Lieder von Dilys Elwyn Edwards, R. Lowry und Meirion Williams mit Klavierbegleitung. Auch sehr musikalisch und schˆn singt er “Caro Mio Ben” von Giuseppe Giordani. Leider wurde f¸r einige Lieder und Arien Keyboard- statt Orchesterbegleitung gew‰hlt. Der Klang des Keyboards ist so grauenvoll und irritierend, dafl der Gesamtklang der Kompositionen verf‰lscht wird. Hinzu kommt, dafl Rhys Meirion drei Kompositionen des ihm befreundeten Komponisten Robat Arwyn – mit Keyboard- und Chorbegleitung – ausgew‰hlt hat, die musikalisch und textlich unglaublich banal sind. In den italienischen Arien “Torna a Surriento” von Curtis und “Core ‘Ngrato” von Cardillo ist das Keyboard so stˆrend, dafl es schwerf‰llt, dem S‰nger zuzuhˆren. Wenn man sich an Rhys Meirions hellen Klang gewˆhnt hat, singt er sehr musikalisch, wobei man als Hˆrer erleichtert ist, wenn er die Hˆhe als schwer erklimmbaren Gipfel erreicht hat. Beim “Ave Maria” von Schubert – wieder mit Keyboardbegleitung – leidet der Zuhˆrer mit dem S‰nger mit, ob wohl der Atem f¸r die langen Bˆgen reicht. Das Schluflst¸ck “Ombra Mai Fu” von H‰ndel wurde von der Pianistin Annette Bryn Parri – aus welchem Grund auch immer – arrangiert f¸r Keyboard, Chor und Tenor und dadurch nur banalisiert. Nach Hˆren dieser CD w¸nsche ich dem S‰nger und dem Label bei der Zusammenstellung des n‰chsten Programms ein gl¸cklicheres H‰ndchen und Ohr.
Wiebke Hoogklimmer
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- Bryn Terfel (Vol. 1)
SAIN SCD9032 - Bryn Terfel (Vol. 2)
SAIN SCD9099 - Bryn Terfel: Schwanengesang
SAIN SCD4035 - Bryn Terfel: Un Canu Caneuon
SAIN SCD2013 - Rhys Meirion: Pedair Oed
SAIN SCD2438