Kritik Staatsoper: Sie war doch nur scheintot
VON WILHELM SINKOVICZ
Wie Erich Wolfgang Korngolds einstiger Sensationserfolg “Die tote Stadt” zum Repertoirestück wird.
Wiederbelebungsversuche startet man seit geraumer Zeit mit vie len Werken, die unter der ära des Nationalsozialismus als “entartet” verboten waren und dann nach 1945 den Weg zurück in die Opernhäuser und Konzertsäle nicht mehr schaffen wollten. Erich Wolfgang Korngold war einer jener Komponisten, die besonders darunter zu leiden hatten. Anders als etwa Franz Schreker, der 1934 gestorben war, musste er nach dem Krieg miterleben, wie das Publikum, das einst seinen Kompositionen zugejubelt hatte, plötzlich verständnislos reagierte; schlimmer noch: gleichgültig.
Weil es ihm gelungen war, im amerikanischen Exil in der Filmbranche zu reüssieren und den typischen Hollywood-Sound regelrecht zu erfinden – indem er schlicht seine wienerische Fin-de-siècle-Kunst in die USA transferierte -, urteilten die strengen Richter der Moderne im Alten Europa den Heimkehrer als ewiggestrigen Romantiker ab, der nicht einsah, dass nach Schönberg und seiner Schule keine C-Dur-, nicht einmal Fis-Dur-Dreiklänge mehr erlaubt sein sollten. Es bedurfte des Befreiungsschlags der so genannten Postmoderne, um den Blick freizumachen auf die Tatsache, dass die Moderne, grob gesprochen, nicht nur aus der Zwölftönerei bestand, sondern ein reicher Humus war, aus dem unterschiedlichste Klangwelten erblühen konnten.
Die schillerndste, weil besonders leuchtkräftig orchestrierte, war sicher jene von Korngold. Die “Tote Stadt” darf überdies als einer der wenigen gelungenen Versuche gelten, die Errungenschaften der eben erfundenen Psychoanalyse aufs künstlerische Parkett zu transferieren.
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Recommended recording:
Korngold: Die Tote Stadt / Leinsdorf, Neblett, Kollo, Et Al